Kampf gegen Genderstern wird an Urne ausgetragen

Sprachdebatte  Gestern Dienstag überreichte das Initiativkomitee «Tschüss Genderstern!» 3802 Unterschriften an die Stadt. Die Initiative möchte die Stadtverwaltung verpflichten, auf die Gendersprache zu verzichten. Von Jan Strobel

Vertreter des Initiativkomitees «Tschüss Genderstern!» bei der Übergabe der Unterschriften an Stadtschreiberin Claudia Cuche-Curti (2. v. l.): SVP-Gemeinderat Jean-Marc Jung (ganz links), Die-Mitte-Gemeinderat Benedikt Gerth (3. v. l.), SVP-Kantonsrätin Susanne Brunner (3. v. r.), alt Gemeinderat Markus Hungerbühler (Die Mitte, 2. v. r.) und Hartmuth Attenhofer, alt Kantonsratspräsident (SP, ganz rechts).

Susanne Brunner, SVP-Kantonsrätin, verbreitete gestern Vormittag vor dem Stadthaus Zürich eine kämpferische Botschaft: «Wir wollen die Stadtverwaltung vom Genderstern befreien.» Zusammen mit Vertretern des überparteilichen Initiativkomitees «Tschüss Genderstern!» überreichte die SVP-Politikerin 3802 Unterschriften an Stadtschreiberin Claudia CucheCurti. Die Initiative ermöglicht damit die erste Volksabstimmung über die Gendersprache in der Schweiz. Sie fordert, die Verpflichtung zu einer «verständlichen Sprache» in der Gemeindeordnung der Stadt Zürich zu verankern. Unter anderem soll in behördlichen Texten auf «die Verwendung von Sonderzeichen innerhalb einzelner Wörter» verzichtet werden.

Politisches Instrument

Der Genderstern wird als Mittel einer gendergerechten Schreibung verwendet. So sollen neben männlichen und weiblichen auch nichtbinäre oder diversgeschlechtliche Personen sprachlich miteinbezogen werden. Dieses grammatikalische Zeichen soll damit das klassische generische Maskulinum, das unter dem Gender-Gesichtspunkt als diskriminierend betrachtet wird, in der deutschen Sprache nicht mehr gebräuchlich machen. Der Zürcher Stadtrat sowie die Stadtverwaltung verwenden den Genderstern seit Juni 2022. Dabei sei die Stadtverwaltung verpflichtet, eine klare und einfache Sprache zu verwenden, um mit der Bevölkerung zu kommunizieren, argumentiert das Initiativkomitee. «Sprache gehört allen und nicht allein der Zürcher Stadtverwaltung», sagt Susanne Brunner. Es könne nicht angehen, dass der Sprachgebrauch von einer elitären Minderheit in Behörden, Fachhochschulen oder Universitäten einer Mehrheit aufgezwungen und als «politisches Instrument» missbraucht werde. «Gendersprache bedeutet kein natürlicher Sprachwandel, wie es etwa bei der Jugendsprache der Fall ist», unterstreicht Susanne Brunner.

Und: «Gendersprache schliesst besonders auch Menschen mit Behinderung, Menschen mit Leseschwäche oder diejenigen, die am Anfang ihrer Lesefähigkeit sind, aus.» Der Gendersprache würde mehr als ein Viertel der Bevölkerung «zum Opfer fallen». «Diese Menschen fühlen sich machtlos», so Brunner. Wie sehr sich die Debatte um die Gendersprache aufgeheizt habe, zeigte sich für das Initiativkomitee bei der Unterschriftensammlung. Immer wieder sei es auf der Strasse zu Beschimpfungen und Beleidigungen gekommen. Für das Initiativkomitee ist klar: Der Genderstern und die Gendersprache spalten die Gesellschaft. «Sprache kann nicht diskriminierend sein, nur Menschen, Regelungen oder Gesetze können diskriminieren», umreisst Susanne Brunner das Credo der Initiative «Tschüss Genderstern!». Anders als die Zürcher Stadtverwaltung handhaben es die Bundesbehörden. Sie erachten typografische Mittel wie den Genderstern, den Doppelpunkt oder den sogenannten «Gender-Gap» als ungeeignet. Sie würden vielmehr zu einer ganzen Reihe sprachlicher Probleme führen. Eine kürzlich publizierte Umfrage von Tamedia legte überdies nahe, dass nur gerade fünf Prozent der Schweizer den Genderstern nutzen.