Stadtzürcher dürfen als erste über den Genderstern abstimmen

Am Dienstag wurde in Zürich die Initiative «Tschüss Genderstern!» eingereicht. Sie soll der Stadt Zürich unter anderem den Genderstern in offiziellen Dokumenten verbieten. 

Am Dienstag wurde in Zürich die Initiative «Tschüss Genderstern!» eingereicht.
Sie soll der Stadt Zürich unter anderem den Genderstern in offiziellen Dokumenten verbieten. 

Darum gehts

  • Ein überparteiliches Komitee reichte am Dienstag die Initiative «Tschüss Genderstern!» bei der Stadt ein.
  • Die Initiative verlangt, dass in der Gemeindeordnung festgehalten wird, dass die Stadt eine «klare, verständliche und lesbare Sprache» verwendet und daher in den Dokumenten auf Sonderzeichen verzichtet wird.
  • 3802 Unterschriften wurden dafür gesammelt. Für das Zustandekommen einer städtischen Initiative sind in Zürich 3000 gültige Unterschriften nötig.

Seit längerer Zeit erhitzen gewisse Sonderzeichen in der geschriebenen Sprache die Gemüter vereinzelter Personen. Der Genderstern beispielsweise sorgte erst kürzlich für eine grössere Debatte und einen Shitstorm: In Stäfa organisierte die Schule einen Gender-Tag. Aufgrund eines Gendersterns auf dem Infoblatt der Schule verfasste der SVP-Nationalrat Andreas Glarner einen Tweet und forderte darin, die Verantwortlichen zu entlassen.

Etwas gegen bestimmte Satzzeichen wie das Binnen-I oder eben den Genderstern hat auch die Zürcher SVP-Kantonsrätin Susanne Brunner. Im November 2022 lancierte sie daher eine Volksinitiative mit dem Ziel, der Stadtverwaltung das Gendern zu untersagen.

Schweizerinnen und Schweizer sind gegen den Genderstern

Am Dienstag gab die Politikerin zusammen mit dem überparteilichen Initiativkomitee die Initiative mit dem Namen «Tschüss Genderstern!» bei der Stadt ab. 3802 Unterschriften wurden gesammelt. Konkret verlangt das überparteiliche Komitee, dass in der Gemeindeordnung festgehalten wird, dass die Stadt eine «klare, verständliche und lesbare Sprache» verwendet und daher in den Dokumenten auf Sonderzeichen verzichtet wird.

Damit steht Brunner nicht allein da: Wie die neueste Tamedia-Studie zu Sprache und Geschlecht zeigt, bevorzugen nur sechs Prozent der Schweizerinnen und Schweizer den Doppelpunkt und nur fünf Prozent den Genderstern oder das Binnen-I bei der Art des Schreibens, wenn es um die Geschlechter geht.

«Initiative war dringend nötig»

Über das Resultat zeigt sich Brunner wenig überrascht. Sie sagt: «Es zeigt, dass die Initiative dringend nötig ist. Bei den Sonderzeichen geht es einzig und alleine um ein politisches Statement, gegen das sich das Volk nicht wehren kann.»

Bei der Initiative geht es laut dem Komitee nicht darum, dass man sich gegen Transgender oder nonbinäre Personen aussprechen will. Vielmehr wolle man gegen die Sonderzeichen vorgehen, weil sie die Sprache sperrig und unverständlich machten. «Sprache kann nicht diskriminieren. Der Genderstern oder der Doppelpunkt spaltet die Gesellschaft, weil sie uns in verschiedene Gruppen aufteilen», so Brunner.

SP-Alt-Kantonsratspräsident im Initiativkomitee

Im Initiativkomitee ist auch SP-Alt-Kantonsratspräsident Hartmuth Attenhofer. Er spricht sich ebenfalls gegen den «Genderismus», wie er es nennt, aus. «Ich habe 45 Jahre meines Lebens die deutsche Sprache korrekt angewendet. Ich sehe nicht ein, weshalb ich nun plötzlich absichtlich falsch schreiben soll.»

Seines Erachtens ist Folgendes das Problem: Als die Stadt Zürich Mitte 2022 die Fügung erlassen habe, dass Angestellte der Stadt gendergerecht schreiben sollten, habe sie einen Fehler begangen, nämlich: «Juristische Schreiben sind laut der Stadt befreit vom Genderismus», so Attenhofer. Dies führt laut der Stadt Zürich zur Verwirrung. «Das heisst, dass man das Volk verwirren darf, aber die Juristen nicht. Das ist doch ein Witz», so Attenhofer weiter.

Aus der eigenen Partei habe er keine Rückmeldung bekommen, da es innerhalb der SP geduldet sei, andere Meinungen zu haben. «Sie sagen nichts, weil die Parteimitglieder selbst wissen, dass man beim Volk keinen Rückhalt für den Genderismus hat.»

Ein Zeichen von Respekt

Dass es sich in der ganzen Debatte um ein politisches Statement handelt, findet auch SP-Kantonsrat Nicola Siegrist. Jedoch sei nicht die gendergerechte Sprache das Problem, sondern die eingereichte Initiative: «Die SVP missbraucht die Aktualität in ihrem Kampf gegen die gesellschaftliche Vielfalt.»

Laut Siegrist ist die Diskussion um die Gendersprache ohnehin überhöht. «Es ist richtig und wichtig, auch in der Sprache vorwärtszukommen, denn sie bildet die gesellschaftliche Realität ab.» Es gehe dabei um ein Zeichen von Respekt gegen einen ordentlichen Teil der Bevölkerung, schliesslich sei die Existenz von nonbinären Menschen eine Realität. Gleichzeitig verstecke die SVP mit ihrer Initiative, dass sie auch sonst die Gleichstellung bekämpfe, zum Beispiel bei Kitaplätzen.